
Vielleicht hast du schon mal von Negativemissionen gehört. Vielleicht liest du den Begriff heute auch zum ersten Mal. Ziemlich wahrscheinlich stehst du vor der Frage, ob negative Emissionen nun gut oder schlecht sind? Spoiler: Ein Minus an Treibhausgasen ist enorm effektiv und eine wichtige Lösung, die wir auf dem Weg zum Klimaziel im Gepäck haben. In diesem Artikel klären wir auf, was negative Emissionen bedeuten, wo sie zum Einsatz kommen und wie sie uns beim Klimaschutz helfen können.
Was sind negative Emissionen?
Die Zeit drängt. Um das 1,5°C Klimaziel zu erreichen, müssten die weltweiten Treibhausgasemissionen in wenigen Jahren enorm sinken. Bis 2030 um die Hälfte und bis 2050 auf Net Zero, also die Netto Null an Emissionen. Wie das geht? Indem wir verschiedene Maßnahmen zur CO₂-Reduktion verbinden. Wo Emissionen nicht vermeidbar sind, kann das Kohlendioxid z.B. nachträglich aus der Atmosphäre entfernt werden. Das nennt sich Carbon Dioxide Removal (CDR) und ist das Gegenteil von Emissionen — der Vorgang erzielt quasi negative Emissionen.

Wie funktioniert Carbon Dioxide Removal?
CDR kann auf unterschiedlichen Wegen erzielt werden, um negative Emissionen zu erreichen:
- CO₂-Abscheidung durch natürliche Senken
- CO₂-Abscheidung durch Direct Air Capture (DAC)
- CO₂-Abscheidung durch Bioenergie (BECCS)
1. CO₂-Abscheidung durch natürliche Senken
Die Natur ist einfach die beste Inspiration. Auch beim Klimaschutz. Kohlenstoffsenken wie Bäume, Moore und Ozeane binden überschüssiges CO₂ und wandeln es während der Phonosynthese in Sauerstoff um. Natürliches Carbon Dioxide Removal verstärkt diese ökologischen Prozesse. Zum Beispiel durch Klima-Projekte zur Wiederaufforstung von Wäldern oder Wiedervernässung von Mooren.
👍 Klima-Projekte regulieren das Klima auf natürliche Weise. Sie schaffen positive Nebeneffekte wie den Schutz der Biodiversität, neue Lebensräume für bedrohte Tierarten oder nachhaltige Beschäftigungen für lokale Gemeinden.
👎 Die grünen Lösungen sind begrenzt. Wir bräuchten wesentlich mehr Pflanzen, um alle Schadstoffe zu beseitigen.
2. CO₂-Abscheidung durch Direct Air Capture (DAC)
Das ist quasi die Staubsauger-Variante! Direct Air Capture (DAC) saugt CO₂ direkt aus der Atmosphäre. DAC-Anlagen nehmen große Mengen Luft auf, filtern sie und pusten die gereinigte Luft wieder aus. Das Innere der Anlagen kannst du dir wie ein Sieb vorstellen. Darin bleibt das CO₂ durch chemische Prozesse an Feststoffen oder Flüssigkeiten »haften«. Das eingespeicherte CO₂ kann z.B. für die Herstellung synthetischer Kraftstoffe oder für landwirtschaftliche Zwecke genutzt werden.
👍 Direct Air Capture Anlagen können überall auf der Welt aufgestellt werden. In der Stadt, auf dem Land, in der Antarktis oder der Wüste.
👎 Die Anlagen sind ineffizient und teuer. Denn CO₂ liegt in der Luft nur sehr verdünnt vor. Das bedeutet einen hohen Energieaufwand, der auch einen Ausbau an erneuerbaren Energien erfordert. 1 Tonne gespeichertes CO₂ durch DAC kostet aktuell 200-800 USD.
3. CO₂-Abscheidung durch Bioenergie
Im Laufe ihres Lebens nehmen Pflanzen und Bäume sehr viel CO₂ auf. Wird Pflanzenmaterial verbrannt, entweicht es wieder. Bei der Erzeugung von Bioenergie, z.B. Ökostrom, kann das CO₂ allerdings abgeschieden und dauerhaft unter der Erde gespeichert werden, bevor es in die Atmosphäre gelangt. Diese Innovation nennt sich Bioenergie mit CO₂-Abscheidung und -Speicherung (BECCS) und verbindet negative Emissionstechnologien mit nachhaltigen Wegen zur Energiegewinnung — win-win!
👍 Mehr als nur Kohlenstoffabscheidung: Da Pflanzen schon im Vorfeld CO₂ speichern und währenddessen keins anfällt, wird die Gesamtmenge an CO₂ sogar reduziert!
👎 BECCS benötigt sehr viel fruchtbare Landfläche, um genug Biomasse für die Energiegewinnung anzubauen. Land, das auch für den Anbau von Lebensmitteln gebraucht wird.
Sind wir auf dem richtigen Weg?
Eines vorab: Sollten wir die 1,5°C überschreiten, müsste CDR in sehr großem Maß eingesetzt werden, um das CO₂ wieder zu neutralisieren.
Vor allem die technischen Innovationen sind nicht ganz unumstritten. Viele Kritiker sehen darin einen drastischen Eingriff in unser Klimasystem. Außerdem befürchten Experten, dass sich die Wirtschaft zu stark auf CDR Maßnahmen verlassen könnte. Werden Bemühungen zum CO₂-Reduzieren auf Eis gelegt, haben wir beim Klimaziel am Ende nichts erreicht. Gleichzeitig sind negative Emissionen eine vielversprechende Lösung — solange wir den Klimaschutz nicht allein von ihnen abhängig machen. Sondern sie als das nehmen, was sie sind: eine wertvolle Ergänzung auf dem Weg zum Klimaziel!
Quellen für diesen Beitrag:
- IPCC: 1,5°C Globale Erwärmung (2018)
- Project Drawdown: The Drawdown Review (2020)
- Science Media Center: Negative Emissionen – Wohin mit dem unvermeidbaren Kohlendioxid? (2021)
- McKinsey Sustainability: A blueprint for scaling voluntary carbon markets to meet the climate challenge (2021)
- myclimate.org: Was sind Negativemissionen?
- Umweltbundesamt: CO2-Entnahme aus der Atmosphäre muss sicher und nachhaltig sein (2019)